Reerdigung: Eine mögliche neue nachhaltige Bestattungsart?

Sich möglichst klimaneutral bestatten zu lassen, ist der Wunsch vieler Menschen. Die Reerdigung als nachhaltige Bestattungform kommt diesem Wunsch nach. 

Was ist eine Reerdigung?

Die Reerdigung ist eine alternative Bestattungsform. Der Neologismus „Reerdigung“ verbindet die Rückkehr zur Erde mit dem Prozess der Beerdigung. Bei dieser Unterform der Erdbestattung verwandelt sich der tote Körper innerhalb von rund 40 Tagen in Kompost, in dem er auf Stroh und Grünschnitt in einen luftdichten Edelstahlbehälter, den Kokon, gebettet und durch Mikroorganismen zersetzt wird. In Deutschland sind bisher nur vereinzelt Reerdigungen durchgeführt worden – wann und in welchen Bundesländern diese nachhaltige Bestattungsform zugelassen wird, ist bislang noch unklar.

Wie sieht der Ablauf einer Reerdigung aus?

Besetzung
In einer speziellen Halterung wird der Kokon für die Dauer von 40 Tagen hin und her gewogen, um eine gleichmäßige Verteilung zu gewährleisten. Über Sensoren werden die Vorgänge im Inneren des Behälters gemessen und können dann über die Zufuhr von Luft und Wasser gesteuert werden. Dieser Vorgang ist an einen bestimmten Ort gebunden: den Friedhof. Denn in Deutschland gilt Friedhofszwang.

Der Raum, in dem sich der Kokon befindet, wird Alvarium genannt, was aus dem Lateinischen kommt und Bienenstock bedeutet. Der Begriff lehnt sich damit bewusst an das bereits bekannte Kolumbarium (lat. für Taubenschlag) an. 

Nach den 40 Tagen, bei der im Inneren des Kokons eine Temperatur von ca. 70 Grad Celsius erreicht wird, soll der gesamte Zersetzungsprozess abgelaufen und nur noch Kompost und Knochenfragmente übrig sein. Letztere werden in einer sogenannten Knochenmühle zerkleinert und anschließend dem Kompost beigefügt. Die übrig gebliebene Erde – die übrigens etwa 1,5-mal so schwer ist, wie die verstorbene Person, wird anschließend in ein Leinentuch gelegt und mit einem Sarg zum Grab transportiert.


Trauerfeier
Die Organisation der Trauerfeierlichkeiten und die Überführung der verstorbenen Person werden weiterhin vom beauftragten Bestattungsunternehmen durchgeführt. Der Ort der Zeremonie ist grundsätzlich frei wählbar, z.B. eine Kapelle auf einem Friedhof. Die Beisetzung des Komposts kann dann sowohl auf kirchlichen als auch auf kommunalen Friedhöfen geschehen, sofern der jeweilige Friedhof dies zulässt. Eine Abschiednahme ist bei der Einbettung in den Kokon möglich. Weitere Besuche bzw. Abschiednahmen sollen während des 40-tägigen Prozesses möglich sein.

Woher kommt diese neue Bestattungsform?

Ursprünglich wurde die Reerdigung von der US-Amerikanerin Katrina Spade entwickelt, die 2014 die gemeinnützige Organisation „Urban Death Project“ und 2017 darauf aufbauend die gemeinnützige Gesellschaft Recompose gründete. Washington wurde 2020 der erste Bundesstaat der USA, der das Prinzip der Reerdigung legalisierte, und mehrere Staaten sind seitdem gefolgt. Seit Juni 2022 ist Recomposing auch in Vermont erlaubt, in Kalifornien ab 2027.  In Deutschland fehlen bislang wissenschaftlich belastbare Informationen, Messwerte oder Dokumente zur Evaluation, die eine gesetzliche Zulassung ermöglichen. In Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg-Ohlsdorf sind jedoch in ersten Pilotprojekten bereits Menschen auf diese Art beigesetzt worden. 

Unsere Leistung

Information über die Möglichkeiten einer Reerdigung

Die Beratung zu allen möglichen Bestattungsarten- und formen zählt zu den grundsätzlichen Aufgaben des Bestatters. Wir informieren Sie kompetent sowohl über bekannte als auch über neue, nachhaltige Formen der Bestattung. Die Reerdigung erweitert das Portfolio um eine ökologische und nachhaltige Variante, die wir Ihnen gern näher erläutern.

Diese Aufgaben übernimmt der Bestatter bei einer Baumbestattung auf Wunsch für Sie:

Überführung

  • Transport und Überführung
  • Hygienische Versorgung
  • Ggf. kosmetische Behandlung

Beratung

  • Auswahl des Sarges 
  • Ablauf der Reerdigung, auf Wunsch Abschiednahme
  • Auswahl des Friedhofs

Formalitäten

  • Erledigung amtlicher Formalitäten
  • Hilfe bei Behördengängen
  • Planung der Beerdigung und Trauerfeier

Welche Grabarten gibt es?

Auf den meisten Friedhöfen haben Sie die Wahl zwischen verschiedenen Grabarten. Auch bei einer Reerdigung werden die Gräber voraussichtlich nach Wahl- und Reihengrabstätten unterschieden.


Wahlgrab
Bei einem Wahlgrab kann die Lage und Größe des Grabes selbst bestimmt werden. Bereits zu Lebzeiten können Sie sich Ihre letzte Ruhestätte aussuchen und besondere Wünsche einbringen. Sie haben die Möglichkeit, das Nutzungsrecht für ein Einzelgrab oder eine Mehrgrabstelle zu erwerben. Wahlgräber sind somit auch als Grabstätte für Ehepartner und als Familiengrabstätte geeignet. Die Ruhezeit ist verlängerbar.


Reihengrab
Das Reihengrab ist ein Einzelgrab. Lage und Größe der Grabstätte sind vorgegeben. Eine gezielte Platzwahl ist hier nicht möglich. Die einzelnen Grabstätten werden der Reihe nach durch die Friedhofsverwaltung vergeben. Nach Ablauf der Ruhefrist wird das Grab aufgelöst und die Grabstelle neu belegt. Eine Verlängerung der Nutzungsdauer ist nicht möglich.


Gemeinschaftsgrabflächen
Reerdigungen werden als anonyme oder teilanonyme Bestattungen auch auf Gemeinschaftsgrabflächen im sogenannten Wiesen- oder Rasengrab erfolgen können. Als Grabfläche dient dabei eine einheitlich bepflanzte, gepflegte Grünfläche. Anfallende Kosten für die Pflege der Grabanlage sind im Voraus einmalig zu begleichen. Die Namen der Verstorbenen werden oft an einem zentralen Ort dokumentiert. Individuelle Grabsteine und Möglichkeiten der Grabbepflanzung gibt es nicht. Die Vergabe erfolgt der Reihe nach. Die Nutzungsdauer ist nicht verlängerbar.


Ruhezeit
Der Zeitraum zwischen der Bestattung eines Verstorbenen und der Auflösung eines Grabes wird als Ruhezeit bezeichnet. Eine Neubelegung eines Grabes ist während dieser Zeit nicht erlaubt. Die Ruhezeiten werden individuell von den Friedhofsträgern geregelt und können daher variieren. Die Ruhezeit hängt auch von der Bestattungsart ab: So liegt diese für eine Erdbestattung im Sarg zwischen 20 und 30 Jahren. Die Ruhezeit für ein Urnengrab liegt bei etwa 10 bis 20 Jahren.

Wie lange die Ruhezeit für das Erdsubstrat einer Reerdigung betragen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar.

Häufige Fragen zur Reerdigung

Ist die Reerdigung bereits überall möglich? aufklappen zuklappen

Nein. Es fehlen bis dato wissenschaftlich belastbare Informationen, Messwerte oder Dokumente zur Evaluation, die eine gesetzliche Zulassung ermöglichen. Bis dahin kann diese besondere Bestattungsart aus wissenschaftlicher Sicht nicht als potenzielle Alternative zur Erd- und Feuerbestattung befürwortet werden.

Wo ist eine Reerdigung möglich? aufklappen zuklappen

Schleswig-Holstein ermöglicht die Reerdigung als erstes Bundesland in einer Pilotphase. Die Einbringung der neuen Erde ist bereits auf Friedhöfen in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und zunächst zu Testzwecken auf dem Parkfriedhof Hamburg-Ohlsdorf möglich. Die Reerdigung als zusätzliche Bestattungsform ist bislang in keinem Bundesland offiziell zugelassen.

Zudem wurde in einer forensischen Untersuchung des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Leipzig (veröffentlicht im Januar 2024) der Reerdigung grundsätzlich zugestimmt. Eine zweite Pilotphase soll jedoch weitere wissenschaftliche Erkenntnisse bringen.

Wieviel neue Erde, also Kompost, entsteht durch eine Reerdigung? aufklappen zuklappen

Durch die Beigabe des pflanzlichen Substrats erhöht sich das Volumen der entstehenden Erde auf circa das Anderthalbfache des menschlichen Körpers. 

Was passiert bei einer Reerdigung mit vorhandenen Prothesen? aufklappen zuklappen

Prothesen werden im Kokon nicht umgewandelt. Ähnlich dem Verfahren bei einer Kremation werden Prothesen und Implantate nach der Transformation aus der neuen Erde entnommen und entsprechend der gesetzlichen Vorgabe im jeweiligen Bundesland entweder recycelt und die Erlöse gespendet oder unterhalb der Erde mit beigesetzt.

Kann der Kompost auch im eigenen Garten ausgestreut werden? aufklappen zuklappen

Nein. Denn die dem Kokon entnommene Erde gilt rechtlich als menschlicher Überrest und unterliegt nach wie vor dem Friedhofszwang. Daher muss der Kompost nach den jeweils gültigen Landesbestattungsgesetzen auf einem Friedhof beigesetzt werden. 

Allerdings kann die Erde direkt bzw. nur in geringer Tiefe auf ein Grab gegeben werden. Der Kompost muss nicht in der üblichen Tiefe einer Erdbestattung beigesetzt werden und soll direkt als Nährboden für die Pflanzen dienen.

Ist die Reerdigung eine besonders umweltfreundliche Bestattungsform? aufklappen zuklappen

Die herkömmliche Erdbestattung gilt als wenig nachhaltig. Auch die Feuerbestattung hat durch die damit einhergehende Einäscherung eine eher negative Energie- und Klimabilanz. Es gibt Ansätze, mehr ökologische Bestattungen in Deutschland zu etablieren, zum Beispiel mit der Reerdigung. 

Nach Aussagen des Anbieters wird bei der Reerdigung kein CO₂ durch Verbrennung von Erdgas, Körper und Sarg in die Atmosphäre entlassen. So soll auch kein Sondermüll wie bei den Filteranlagen in Krematorien entstehen. 

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